Absage an eine reine Symbolpolitik

Keine kantonale Anerkennung kleiner Religionsgemeinschaften

Die FDP des Kantons St.Gallen nimmt den Entwurf der Regierung für ein neues Gesetz über die Religionsgemeinschaften zur Kenntnis. Die Freisinnigen lehnen den über den Verfassungsauftrag hinausgehenden Teil der Vorlage – namentlich die kantonale Anerkennung kleiner Religionsgemeinschaften – ab. Einerseits handelt es sich hier um reine Symbolpolitik ohne konkreten Wert für die Betroffenen. Andererseits wird die Anerkennung an die Einhaltung von Bedingungen geknüpft, die in einer modernen, überdies von liberalen Werten geprägten Gesellschaft als selbstverständlich angenommen werden dürfen.

St.Gallen, 22.März 2017 | Das neue kantonale Gesetz über die Religionsgemeinschaften, das heute Mittwoch den Parteien und Verbänden zur Vernehmlassung zugeleitet worden ist, setzt im Wesentlichen einen Auftrag aus der revidierten Kantonsverfassung um. Diese sieht vor, dass die vier öffentlich-rechtlichen Religionsgemeinschaften (der katholische Konfessionsteil, die evangelisch-reformierte Kirche, die Christkatholische Kirchgemeinde und die jüdische Gemeinde) gesetzlich gleich zu behandeln sind. Die meisten Anpassungen im neuen Gesetz haben in der Praxis kaum nennenswerte Auswirkungen, da es sich um Zusammenfassungen bestehender Erlasse zu diesen Religionsgemeinschaften handelt. Einzelne Bestimmungen zielen darauf ab, den vier öffentlich-rechtlichen anerkannten Religionsgemeinschaften eine grössere Autonomie in Bezug auf ihre internen Strukturen und Verfahrenswege einzuräumen. Dies ist in der revidierten Kantonsverfassung so vorgesehen und wird seitens der FDP begrüsst.

Symbolpolitik und Widersprüche

Aus freisinniger Sicht problematisch sind indes jene Teile des Gesetzesentwurfs, welche über den definierten Verfassungsauftrag hinausgehen. Die FDP lehnt namentlich die vorgesehene Schaffung einer kantonalen Anerkennung kleiner Religionsgemeinschaften durch den Kantonsrat ab. Der von der Regierung postulierte Anspruch – die institutionelle Einbindung insbesondere der Muslime und Buddhisten ins staatskirchenrechtliche System des Kantons St.Gallen – wird durch die kantonale Anerkennung kaum erreicht. Auch die Regierung selber schreibt in der Botschaft zum Gesetzesentwurf, dass eine kantonale Anerkennung kaum mehr als symbolischen Charakter habe und als „Zeichen der Wertschätzung und Integration“ zu verstehen sei. Die unter die kantonale Anerkennung fallenden Religionsgemeinschaften würden weiterhin privatrechtlich organisiert bleiben, sie hätten zur Erlangung des „staatlichen Labels“ jedoch mehrere Bedingungen zu erfüllen. So würde den betroffenen Gruppen eine transparente Offenlegung der Vermögen sowie der Herkunft und Verwendung der Finanzmittel vorgeschrieben. Die Regierung sieht darin eine Berücksichtigung sicherheitspolitischer Anliegen zur Bekämpfung der Finanzierung extremistischer Gruppen. Wie dies allerdings mit der oben postulierten „Wertschätzung und Integration“ einhergehen soll, sagt sie nicht.

Irritierende Signale

Gar kein Verständnis bringt die FDP für die beiden weiteren explizit erwähnten Bedingungen auf, welche seitens der Regierung für eine kantonale Anerkennung kleiner Religionsgemeinschaften ins Spiel gebracht werden. Diese müssten die „schweizerische Rechtsordnung beachten“ sowie die „verfassungsmässigen Rechte ihrer Mitglieder respektieren“. Indem die Regierung eine staatliche Anerkennung an Forderungen knüpft, die in einer aufgeklärten, auf liberalen Werten basierenden Gesellschaft eigentlich für selbstverständlich respektive für nicht verhandelbar angenommen werden dürfen, sendet sie irritierende Signale an die betroffenen Religionsgemeinschaften aus.