St.Gallen, 22. August 2013 | Den Auslöser für den finanzpolitischen Sündenfall lieferte die angestrebte Kürzung der Vergütungen für stationäre Spitalbehandlungen in den Jahren 2015 und 2016. Dadurch hätte die Staatskasse um 25 Millionen bzw. 17 Millionen Franken entlastet werden können, da das nun geschnürte Paket aufgrund von nötigen Gesetzesanpassungen erst ab 2016 seine volle Wirkung erreicht. Der Kantonsrat lehnte dieses Vorgehen mit 60 zu 54 Stimmen ab und entschied stattdessen, diese Beträge aus dem besonderen Eigenkapital zu entnehmen.
Ein Tabubruch
Das besondere Eigenkapital des Kantons war bisher ausschliesslich zur Finanzierung von Gemeindefusionen und Steuererleichterungen zugunsten der Bevölkerung reserviert gewesen. Der heutige Entscheid, der von der CVP-EVP-Fraktion mit Unterstützung der Ratslinken forciert worden ist, sendet über seine unmittelbare Wirkung hinaus ein schlechtes Signal aus: Erstmals wird das besondere Eigenkapital dazu missbraucht, um Löcher in der Laufenden Rechnung des Kantons zu stopfen. Nach dem nun erfolgten Tabubruch ist es nur eine Frage der Zeit, bis der nächste Griff in die Schatztruhe erfolgen wird.
Prämienverbilligung: Kürzungen vertretbar
Zum Abschluss der Sondersession stimmte der Kantonsrat heute den letzten 10 der insgesamt 66 Entlastungsmassnahmen zu. Erwartungsgemäss viel zu reden gab dabei die geplante Kürzung der Beiträge für die Krankenkassen-Prämienverbilligung. Die FDP-Fraktion unterstützte den von der Regierung eingebrachten Vorschlag, der Einsparungen von jährlich 6,5 Mio. Franken bringt. Mehrere Gründe waren ausschlaggebend: So widerspricht die Tatsache, dass heute mehr als ein Viertel der St.Galler Bevölkerung Prämienverbilligungen bezieht (von diesem Wert sind die EL-Bezüger und die Bezüger von Sozialhilfe bereits abgezogen), dem eigentlichen Ziel der Prämienverbilligung. Diese war ursprünglich dazu gedacht, zielgerichtet Personen zu unterstützen, die in wirtschaftlich schwierigen Verhältnissen leben. Zweitens bewegt sich der Kanton St.Gallen auch nach der Kürzung noch innerhalb der vom Bund definierten gesetzlichen Mindest- bzw. Höchstvolumina. Und schliesslich wurde bei der Ausarbeitung des Entlastungspakets darauf geachtet, dass insbesondere in jenen Bereichen Kürzungen vorgenommen werden, die ein besonders hohes Kostenwachstum aufweisen. Bei der individuellen Prämienverbilligung ist die Kostendynamik besonders hoch: So weisen die Statistiken des Bundesamts für Gesundheit für die Jahre 2008 und 2011 bei den effektiv ausgerichteten Beiträgen im Kanton St.Gallen jährliche Zuwachsraten zwischen 10,5 und 11,5 Prozent aus.
Bilanz fällt positiv aus
Insgesamt zeigt sich die FDP-Fraktion mit den Ergebnissen der Sondersession zufrieden. Das angestrebte Entlastungsziel von 150 Mio. Franken wurde leicht übertroffen, auch wenn diesbezüglich vor dem Hintergrund angekündigter Referenden gegen einzelne Kürzungen noch keine abschliessende Gewissheit herrscht.
Mit Genugtuung stellt die FDP fest, dass sich das von ihr bereits im Juni 2012 geforderte „Sparpaket III“ nun vom Kantonsrat beschlossen worden ist. Die getroffenen Beschlüsse dienen grösstenteils dazu, den kantonalen Finanzhaushalt dauerhaft ins Gleichgewicht zu bringen. Aufgrund der Planzahlen sollte das Eigenkapital ab dem Jahr 2015 wieder ansteigen, was den finanzpolitischen Spielraum des Kantons St.Gallen mittelfristig- bis langfristig wieder erhöht.