Wangs, 24.10.2013 | Dem weltweit beachteten Erfolgsmodell Schweiz droht zunehmend Gefahr von innen. So zielen derzeit gleich mehrere Volksinitiativen aus dem linken Lager auf eine radikale Umgestaltung der liberalen Wirtschaftsordnung ab. Auf eidgenössischer Ebene gelangen die 1:12-Initiative, die nationale Erbschaftssteuer und der flächendeckende Mindestlohn zur Abstimmung. «SP, JUSO und Gewerkschaften verwenden viel Energie darauf, den sozialen Unfrieden in der Gesellschaft zu bewirtschaften. In ihrer Umverteilungswut setzen diese Kreise Arbeitsplätze und die Finanzierung der Sozialwerke bewusst aufs Spiel», warnte Parteipräsident Marc Mächler in seiner Begrüssungsansprache. Auch auf kantonaler Ebene versuche die SP, sich auf diese Weise zu profilieren, wie die lancierten Initiativen für höhere Vermögenssteuern sowie höhere Prämienverbilligungen bei den Krankenkassen beweisen. «Die SP verschweigt gezielt, dass St.Gallen im landesweiten Vergleich, insbesondere aber im Vergleich mit den übrigen Ostschweizer Kantonen, hohe Vermögen bereits heute sehr massiv besteuert.» Die SP riskiere, Gutverdienende in die Nachbarkantone zu vertreiben, so Mächler.
Die Prämienverbilligungs-Initiative wiederum sei unehrlich, indem sie der Bevölkerung eine Entlastung vorgaukle und dabei die massiven Kosten für den Kanton verschleiere. «Schon heute kämpft St.Gallen mit den massiven Kostensteigerungen im Bereich der Prämienverbilligung. Die Zeche zahlt am Schluss der Mittelstand, der nicht nur seine eigenen Prämien zahlt, sondern über die Steuern auch noch die der anderen. Ist Gerechtigkeit nach Auffassung der Linken erst erreicht, wenn es allen schlechter geht?», fragte Mächler in die Runde.
1:12 aus Unternehmersicht: «Nur bis an die Landesgrenze gedacht«
Bereits im August hatte die FDP einstimmig die Nein-Parole zur 1:12-Initiative der JUSO gefasst. In Wangs legten unter der Leitung von Sven Bradke mit Philip Mosimann (St.Gallen), CEO des international tätigen Maschinen- und Anlagebauers Bucher Industries, sowie Willi Grüninger, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Willi Grüninger AG in Flums, zwei Unternehmerpersönlichkeiten ihre Sicht auf die Initiative dar. Während für Grüninger ein staatliches Lohndiktat eine Entmündigung der Firmeninhaber und eine Aushebelung der bewährten Sozialpartnerschaft darstellt, legte Mosimann die Denkfehler der Initianten am Beispiel eines international tätigen Konzerns offen. «Sollte die Initiative angenommen werden, könnten sich die direkt vom Lohndeckel betroffenen Konzernleitungsmitglieder gegebenenfalls von einer der Auslandgesellschaften des Konzerns anstellen lassen. Da diese Konzerne nur einen Bruchteil ihres Personals in der Schweiz beschäftigen bzw. nur ein Teil des Umsatzes in der Schweiz erwirtschaftet wird, die Konzernleitungsmitglieder gleichzeitig aber für den Erfolg des ganzen Konzerns verantwortlich sind und letztlich auch dafür bezahlt werden, wäre dies auch legitim. Der Schweiz entgingen in diesem Fall die AHV-Beiträge der Spitzenverdiener. Dieses Beispiel zeigt auf, dass die Initianten lediglich bis zur Schweizer Grenze gedacht haben.»
Nein zur SVP-«Familieninitiative»
Im Vorfeld zur Parolenfassung zur SVP-«Familieninitiative» kreuzten in einem von FDP-Kantonrat Daniel Bühler (Bad Ragaz) moderierten Gespräch FDP-Nationalrat Andrea Caroni und SVP-Kantonsrat Marcel Hegelbach (Jonschwil) die Klingen. Die Initiative mit geschätzten jährlichen Kosten von 1,4 Mia. Franken will allen Eltern den gleichen Steuerabzug gewähren, unabhängig davon, ob man die Kinder zuhause selber betreut oder bei Erwerbsarbeit fremdbetreuen lässt. «Dass die Familieninitiative einen Abzug erlaubt, ohne dass Auslagen getätigt worden sind, ist völlig systemfremd. Das wäre wie ein Steuerabzug für ein SBB-Generalabonnement, obwohl man keines besitzt», so Caroni. Hegelbach konterte mit dem Argument, dass das heutige System des Betreuungsabzugs jene Familien, die ihre Kinder selber betreuen, diskriminiere, was Caroni umgehend verneinte. Nach eingehender Diskussion fasste die FDP-Basis mit 52 zu 0 Stimmen bei 5 Enthaltungen schliesslich die Nein-Parole.
Ja zur 100-Franken-Vignette
Auch der Parolenfassung zur geplanten Preiserhöhung der Autobahn-Vignette ging ein Streitgespräch voraus. Unter der Leitung von Jens Jäger, dem Vizepräsidenten der FDP Sarganserland, legten Kantonsrat Walter Locher (FDP St.Gallen) für die Befürworter und Nationalrätin Yvonne Gilli (Grüne, Wil) für die Gegner die Argumente dar. Gilli äusserte die Befürchtung, dass mit dem zusätzlichen Geld einseitig neue Autobahnen, etwa eine zweite Röhre durch den Gotthard, finanziert werden. Locher seinerseits führte ins Feld, dass der Bund ohne die Preiserhöhung die geplante Übernahme von 383 Kilometer Kantonsstrassen von nationaler Bedeutung durch den Bund nicht möglich sei. Auch stünde im Falle eines Neins kein Geld für den Ausbau des Nationalstrassennetzes zur Verfügung. «Dies ist im Hinblick auf die dringend nötige Engpassbeseitigung der Autobahn A1 in St.Gallen entscheidend», so Locher. Die Anwesenden folgten dieser Argumentation und fassten mit 44 zu 7 Stimmen bei 2 Enthaltungen die Ja-Parole.