Populistisches Eigentor des Kantonsrates

Blogbeitrag zum III. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz («Verhüllungsverbot»)

Jens Jäger, FDP-Kantonsrat, Vilters-Wangs

Der III. Nachtrag zum Übertretungsstrafgesetz («Verhüllungsverbot») ist komplett falsch formuliert, nicht durchsetzbar und reine populistische Symbolpolitik für das Archiv von unnützen Gesetzen. Dieses populistische Eigentor gilt es zu verhindern – mit einem NEIN am 23. September 2018.

Konkret sollen Personen mit einer Busse bestraft werden, wenn sie sich «im öffentlichen Raum durch Verhüllung des Gesichts unkenntlich machen und dadurch die öffentliche Sicherheit oder den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden bedrohen oder gefährden». Was auf den ersten Blick wie ein Erfolg der Verhüllungs- und Burkagegner aus den Reihen der SVP und der CVP daherkommt, erweist sich bei genauerer Betrachtung als veritables Eigentor.

Keine einzige Verurteilung

Anstatt praxistaugliche Massnahmen im Umgang mit verhüllten Personen zu beschliessen, hat die Mehrheit des Kantonsrats ein Gesetz gezimmert, das sich schlicht nicht vollziehen lässt, aber Geld kostet. Es bedarf einiges an Phantasie, um sich vorstellen zu können, wie St.Galler Polizeibeamte den «verschärften» Gesetzesartikel auf der Strasse anwenden sollen – von der späteren Beurteilung durch ein Gericht ganz zu schweigen. Wie sollen Polizistinnen oder Polizisten feststellen, wann jemand eine «Gefährdung für den religiösen oder gesellschaftlichen Frieden» darstellt? Darüber hinaus ist es heute schon nicht erlaubt, die öffentliche Sicherheit oder den gesellschaftlichen Frieden zu bedrohen – ob verhüllt oder nicht. Und an Sportveranstaltungen ist sogar – dank unserer heutigen Ständeratspräsidentin Karin Keller-Sutter – Vermummung ganz verboten. Der neue Gesetzesnachtrag wird also nichts ändern, und schon gar nicht zu einer Verurteilung führen.

Scheinlösung für ein Scheinproblem

Die Ironie am Ganzen ist, dass wir eine Verhüllung aufgrund der gewählten Gesetzesformulierung sogar ausdrücklich erlauben. Der Artikel besagt nämlich, dass Verhüllungen gestatten sind, solange man nichts im Schilde führt. Zukünftig kann sich jede verhüllte Person auf diesen Gesetzesartikel berufen, falls nicht nachweisbar ist, dass sie auch verwerfliche Hintergedanken hatte. Und sind wir ehrlich: Dieser Gesetzesnachtrag wurde von CVP und SVP durchgedrückt und ist nicht mehr als billiger Populismus für das Gesetzesarchiv. In der Debatte und auf Podien wird immer wieder behauptet, es gehe ganz allgemein um Verhüllung. Aber diese Gesetzesrevision hat nur ein Ziel: Das Thema Burka und Burkaverbot, ja das Thema Islam, auch in unserem Kanton zu bewirtschaften und auf den Putz zu hauen! Haben Sie schon einmal eine Burkaträgerin gesehen? Ja, vielleicht im Grand Ressort Bad Ragaz oder im Resort in Unterterzen. Und das ist auch gut so – dabei handelt es sich nämlich um gut zahlende Gäste, die unser schönes Land besuchen und hier Wertschöpfung generieren. SVP und CVP bewirtschaften mit einer Scheinlösung ein Scheinproblem und schaden damit sogar noch unserem Ansehen, unserem Gewerbe sowie unserem Wirtschaftsstandort.

Bessere Vorschläge sind abgeblitzt

Die FDP hatte in der Ratsdebatte um den neuen Text bereits auf die genannten Problemstellungen mit dem sogenannten Verhüllungsverbot hingewiesen und einen Gegenvorschlag eingebracht. Dieser sah vor, dass Behörden eine Amtshandlung gegenüber Personen, die ihr Gesicht verschleiern, verweigern können. Dies hat sowohl die CVP als auch die SVP aus populistischen Motiven bekämpft.Wir haben also ein nicht durchsetzbares, schlechtes Gesetz, das ein nicht vorhandenes Problem löst und bei dessen Ausarbeitung bessere Vorschläge der FDP in den Wind geschlagen wurden. Ich stimme deshalb am 23. September 2018 NEIN zu diesem unsinnigen Gesetzesnachtrag.